News > Warum psychische Gesundheit jetzt mehr Unterstützung braucht |
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Wien (OTS) - Die Nachwirkungen der Coronapandemie, Kriege der jüngsten Gegenwart, die Teuerung und die Klimakrise haben zu einem Anstieg psychischer Erkrankungen geführt. Die Regierung hat in den vergangenen Jahren einige Reformen zur Verbesserung der psychischen Gesundheit bereits umgesetzt. Trotzdem ist noch viel zu tun. Der Berufsverband der Österreichischen PsychologInnen (BÖP) und der Österreichische Bundesverband für Psychotherapie (ÖBVP) ziehen Bilanz. „Wir haben in Österreich großen Aufholbedarf was die psychosoziale Versorgung der Bevölkerung anbelangt – vor allem bei Kindern und Jugendlichen. „Gesund aus der Krise“, die Aufnahme der psychologischen Behandlung ins Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, die Reform der Psychotherapieausbildung – das sind alles Meilensteine, die wir in den letzten Jahren gesetzt haben. Aber es gibt noch viel zu tun. Es braucht eine Verdopplung der kassenfinanzierten Psychotherapieplätze und psychologische Behandlungen auf Krankenschein. E-Card vor Kreditkarte muss auch im Bereich der psychischen Gesundheit gültig sein. „Gesund aus der Krise“ muss als internationales Vorzeigeprojekt dauerhaft weitergeführt werden. Zusätzlich müssen wir mentale Gesundheitskompetenz auch in unserem Schulsystem verankern,“ zieht Gesundheitsminister Johannes Rauch Bilanz. In der aktuellen Regierungsperiode war erstmals ein echtes Verständnis für Mental Health zu spüren. Wichtige Maßnahmen konnten umgesetzt werden, allen voran das erfolgreiche Projekt „Gesund aus der Krise“ für Kinder und Jugendliche. „Gesund aus der Krise“: Das Mental-Health Projekt für Kinder & Jugendliche in den Regelbetrieb „Gesund aus der Krise“ ist ein vom Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK) gefördertes Projekt, welches seit April 2022 bis Juni 2025 mit 50,2 Millionen Euro gefördert wird. Das Projekt wird durch den BÖP, in enger Kooperation mit dem ÖBVP abgewickelt. Seit Frühjahr 2024 ist auch der Österreichische Berufsverband für Musiktherapie (ÖBM) mit an Bord. Bisher wurden über 22.000 Klient:innen ( 0 – 21 Jahren) österreichweit versorgt. Im jetzigen Projektzyklus stehen weitere 10.000 Behandlungsplätze österreichweit zur Verfügung. Ein Behandler:innen-Pool von rund 1.400 Klinischen Psycholog:innen, Gesundheitspsycholog:innen und Psychotherapeut:innen, welche in Summe 25 Behandlungssprachen anbieten, ermöglichte bisher die erfolgreiche Umsetzung. „Gesund aus der Krise“ wurde zu einem internationalen Vorzeigeprojekt. Die hohe Qualität und Effizienz von „Gesund aus der Krise“ wurde im aktuellen Evaluierungsbericht der Universität Innsbruck bestätigt: 95 Prozent erreichten eine Besserung (davon 55 Prozent sogar sehr gut bis gut). „Der große Erfolg von „Gesund aus der Krise“ liegt in der Struktur: niederschwellig, ortsnah, kostenfrei und qualitativ hochwertig. Da „Gesund aus der Krise“ als Projekt zeitlich begrenzt ist, musste es von Jahr zu Jahr verlängert werden. Das muss ein Ende haben: Wir empfehlen daher, dass „Gesund aus der Krise“ zum fixen Bestandteil der Versorgung wird und in den Regelbetrieb übergeht,“ so A.o. Univ.-Prof.in Dr.in Beate Wimmer-Puchinger, Gesamtleitung „Gesund aus der Krise“ und Präsidentin des Berufsverbands Österreichischer PsychologInnen (BÖP) und Mag.a Barbara Haid, MSc, Präsidentin Österreichischer Bundesverband für Psychotherapie (ÖBVP), Kooperationspartnerin „Gesund aus der Krise“. Ausweitung des „Gesund aus der Krise“-Modells auf Erwachsene Die Struktur von „Gesund aus der Krise“ bietet sich förmlich an, um auch Erwachsene erfolgreich zu behandeln. Besonderen Bedarf wird bei Erwachsenen mit lebensbedrohlichen und chronischen Erkrankungen geortet, zum Beispiel in der Psychoonkologie. Der Bedarf an psychischer Unterstützung von Menschen, die mit einer Krebs-Diagnose leben müssen, ist groß – und wird aufgrund steigender Diagnosen noch wachsen. Circa ein Drittel der Krebsbetroffenen wünscht sich psychoonkologische Unterstützung. Die Österreichische Krebshilfe weist auf den hohen Bedarf an psychoonkologischer Versorgung hin, der über eine Regelfinanzierung gelöst werden muss. „Gesund aus der Krise“ mit seinen niederschwelligen Angeboten bietet die ideale Struktur, um diese Lücke in der Versorgung zu schließen“, so Wimmer-Puchinger. Mit der Aufnahme klinisch-psychologischer Behandlung als Kassenleistung ist seit 1. Jänner 2024 erstmals ein Kostenzuschuss für klinisch-psychologische Behandlung möglich. Ein weiteres Ziel ist eine Sachleistungvereinbarung um klinisch-psychologische Behandlung auch gänzlich kostenfrei möglich zu machen. Klare Regeln im Umgang mit Smartphone für Kinder Smartphone und soziale Medien können nachweislich krank machen, vor allem Kinder und Jugendliche. Wir erkennen natürlich auch die Fortschritte durch digitale Medien an. Laut der Mental Health Day Studie, die im Jänner 2024 erschienen ist, zeigen allerdings zehn Prozent der Mädchen und sieben Prozent der Burschen eine problematische Nutzung der sozialen Medien (Dienlin, Tobias, Mental Health Days Studie 2023). Der Problematik hat sich auch die World Health Organisation angenommen. In ihrem „Leitfaden zur primären Gesundheitsvorsorge bei Kindern und Jugendlichen“ (WHO, 2022) listet sie die Gefahrenpotenziale auf. Deswegen braucht es dringend neue, klare Regeln im Umgang, um das Gefahrenpotenzial einzudämmen. Fokus Schule: Dringende Ausweitung der Schulpsycholog:innen und Erweitung des Schul-Support-Personals Ein Großteil des Alltags von Kindern und Jugendlichen findet in der Schule statt. Für manche ein Zufluchtsort, für andere behaftet mit Angst und Druck. Aktuell besuchen 1,16 Millionen Kinder und Jugendliche eine öffentliche oder private Schule. Es ist unser Anliegen, die pyschische Unterstützung von Kindern im Setting Schule zu nutzen. Dazu bedarf es eines Ausbaus der Einsatzmöglichkeiten von Schulpsycholog:innen vor Ort. Aktuell sind nur 252 Schulpsycholog:innen im Einsatz, diese geringe Zahl ist alarmierend, das kann den großen Bedarf natürlich nicht abdecken. Das wertvolle „Schul-Support-Personal“ bestehend aus Schulsozialarbeiter:innen, Schulärzt:innen, School-Nurses sowie Psychotherapeut:innen und Psycholog:innen bedarf einer Auf- und Erweiterung. Aufhebung der Psychotherapie-Kontingente und kostendeckender Tarif für Psychotherapeut:innen Die Psychotherapeut:innen pochen seit langer Zeit auf bessere Rahmenbedingungen für ihre Arbeitsleistung und kritisieren das Zugangssystem zur psychotherapeutischen Behandlung. Patient:innen sollten das Recht haben, zu Psychotherapeut:innen ihrer Wahl zu gehen. Die kassenfinanzierte Psychotherapie ist kontingentiert und je nach Bundesland an bestimmte Zuteilungskriterien gebunden. Rund die Hälfte aller in Österreich stattfindenden Psychotherapien ist vorwiegend selbstfinanziert. Die Höhe des Kostenzuschusses für eine Psychotherapie-Einzelsitzung variiert je nach Gesundheitskasse. „Wir brauchen von Seiten der Sozialversicherung einen kostendeckenden Tarif für Psychotherapeut:innen und fordern eine gerechte Entlohnung auch für die kassenfinanzierte Leistung,“ sagt Haid. Mental-Health-Check: Ausbau von Prävention und Gesundheitsförderung durch Gesundheitspsycholog:innen Für viele Betroffene stellt die Primärversorgung auch einen ersten, niederschwelligen Zugang zu psychologischer Hilfe dar. Im Zuge dessen wollen die Psycholog:innen bei der Gesundenuntersuchung stärker integriert werden und fordern einen „Mental-Health-Check“ im Rahmen der Vorsorgeuntersuchung. „Es entspricht unserem langjährigen Berufsverständnis und unserer Berufspraxis interdisziplinär zu arbeiten. In Teams und kollegialer Zusammenarbeit die Bedürfnisse und Sorgen zu erkennen, und schnell und niederschwellig Hilfe zu leisten,“ zeigt sich Wimmer-Puchinger überzeugt. OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | PSY https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20240723_OTS0058/war... Quelle: OTS0058 am 23.07.2024 12:31 Uhr |